17.
März
 

 

750 Meilen südöstlich von Mumbai

 

 

 

Besuch in Kinwat/ Bericht von Patricia Duncan-Hauff und Dr. Hans-Martin Hauff

GUNDELFINGEN "Am Freitag den 20.02.20 fuhren wir mit dem Nachtzug von Aurangabad nach Kinwat. Sr. Shuba holte uns am Bahnhof ab und brachte uns mit einer Rikscha zum 30 Jahre alten Hilfszentrum. Auf dem Gelände befindet sich ein Kindergarten, der von den Sisters geleitet wird und in unmittelbarer Nachbarschaft eine Grundschule, die von Priestern vom Orden Francis de Sales unterhalten wird. Wir wurden von Sr. Shuba und Sr. Sonia und ihren Mitarbeiterinnen herzlich begrüßt.

Sr.Theresa befand sich zum Zeitpunkt unseres Besuches in ihrer Besinnungswoche (Retreat).

Wir erfuhren von Schwester Shuba, die seit 6 Jahren außerordentlich erfolgreich in Kinwat arbeitet, dass viele arme Menschen, vorwiegend Bauern mit unterschiedlichen Religionen, hier friedlich miteinander leben. Sie sind nicht gut ernährt und leiden oft unter Tuberkulose und Blutarmut. Theoretisch haben sie in größeren Städten freien Zugang zu kostenloser medizinischer Versorgung. In Wirklichkeit aber müssen medizinische Leistungen oft privat bezahlt werden und sind damit nicht erhältlich. Die Menschen auf dem Lande erhalten regelmäßig Besuch von ´Paramedics`, ausgebildeten medizinischen Helferinnen, die für medizinische Behandlung, Pflege, Vorsorge und Ernährungsberatung zuständig sind und sehr gute Arbeit leisten.

Die Bauern hatten wegen der Dürre und des sinkenden Grundwassers in den letzten Jahren große Schwierigkeiten, da ihre Ernten gering oder ganz ausfielen. Es gab viele Fälle von Selbstmord in der gesamten Gegend aufgrund von Armut und Ausweglosigkeit. Die Regierung ist nun bereit, finanzielle Unterstützung zu leisten.

Allerdings müssen dafür Konten eingerichtet werden, bevor Überweisungen stattfinden. Viele Bauern sind nicht informiert. Um ein Konto zu eröffnen, bedarf es 2000 Rupien. Hier helfen die Schwestern mit einem Darlehen und der Einrichtung eines Kontos, damit die Bauern Subventionen, die ihnen zustehen, erhalten.

Im Großen und Ganzen wird die Bedeutung einer guten Schulausbildung für Kinder und Jugendliche in zunehmendem Maße erkannt. Allerdings gibt es in manchen Familien Fälle von vorzeitigem Schulabbruch und früher Verheiratung nach erfolgreichem Schulabschluss. Der Einfluss der Schwestern in diesem Bereich ist sehr klein.

Die erste Selbsthilfe-Gruppe wurde vorgestellt. Es gab jeweils traditionelle Begrüßungszeremonien mit Musik und Tanz. Die´Schneider-Gruppe`bestand aus jungen unverheirateten Frauen und älteren Frauen, die Kinder dabeihatten. Diese Zielgruppe liegt den Schwestern derzeit besonders am Herzen. In vorheriger Absprache konnten wir allen Teilnehmerinnen dieser Gruppe Stoffe zum Nähen eines Kleides mit Hosen privat spenden und nun überreichen.

Später trafen wir weitere Selbsthilfe-Gruppen, die sich erfolgreich mit der Produktion und dem Verkauf von Papads, Mahlen von Getreide und Gewürzen und Stickerei betätigen. Oft handelt es sich um alleinerziehende Mütter, Witwen oder Frauen, die eine gewisse Unabhängigkeit erlangen möchten und dadurch auch eine bessere Ernährung und Bildung ihrer Kinder erreichen möchten. Alle Selbsthilfe-Gruppen haben eine selbstverwaltete Genossenschaftsbank. Jedes Mitglied zahlt monatlich zwischen 200 und 500 Rupien ein und kann ein Darlehen zu 2% Zinsen erhalten.

 

Am Samstag war der Besuch der "Ziegeninitiative" und der aus Männern bestehenden ´Landwirtschaft-Brunnengruppe` vorgesehen.

Letztes Jahr waren 14 Ziegen an Frauen einer Selbsthilfegruppe verteilt worden. Die Frauen hatten sich schriftlich verpflichtet, die Ziegen gut zu ernähren und zu pflegen. Alle Ziegen gedeihen gut. Die meisten waren auf der Weide. Wir konnten zwei Ziegen mit 4 jungen Zicklein und eine Trächtige bewundern, die in der Zwischenzeit drei Zicklein geboren hat! Laut Vertrag wird auch jeweils eine Jungziege eines jeden Wurfs wieder an interessierte Frauen durch die Schwestern weiterverteilt. Dadurch erlangen kontinuierlich mehr Familien eine wesentlich verbesserte Ernährungsqualität.

 

Männer, die von der erfolgreichen Arbeit der Frauengruppen gehört hatten, traten mit dem Wunsch an die Sisters heran, sich gleichfalls zu organisieren. Die Gruppe erhält finanzielle Unterstützung beim Kauf von Saatgut und Dünger und Beratung zur Einrichtung eines Kontos. Aufgrund der verheerenden Wasserknappheit innerhalb mehrerer aufeinander folgender Dürreperioden war der Ernteertrag der letzten Jahre extrem gering. Eine geregelte Planung der Feldbestellung war nicht mehr möglich, da es keine sicher zu erwartenden klimatischen Jahreszeiten mit Regenzeit und Sommerzeit mehr gibt. Umso wichtiger sind Brunnenbohrungen zur Bewässerung der Felder. 2019 erfolgten zwei von "Wasser ist Leben" finanzierte Bohrungen. Leider waren sie erfolglos, da der Grundwasser-Spiegel unerwartet tief war und die Bohrfirma nicht tiefer als 350 feet (ca. 110m) bohren konnte. Im Vertrag ist vereinbart, dass die Bauern selbstverantwortlich Pumpen erwerben und unterhalten. Für dieses Jahr sind 14 weitere Bohrungen für 14 Bauernfamilien geplant. Die Wahrscheinlichkeit von erfolgreichen Bohrungen ist nach dem zurückliegenden reichlichen Monsunregen 2019 wesentlich höher. Die neu beauftragte Firma kann auch tiefer bohren. Beide Gruppen waren vollständig vertreten und brachten ihre Dankbarkeit den Schwestern und der Gundelfinger Initiative gegenüber zum Ausdruck. Der Sprecher der Männer betonte ausdrücklich, dass ohne die Unterstützung und Beharrlichkeit der Schwestern ein derartiger Erfolg undenkbar gewesen wäre.

 

Seit 20 Jahren kümmern sich die drei Schwestern mit großem Einsatz täglich um die Ernährung von insgesamt 200 älteren, kranken und bedürftigen Menschen. Wir beobachteten die Zubereitung von Reis und Dal in großen Töpfen durch 4 zuverlässige Hilfskräfte. Das Essen wird mit einer Rikscha zu zentralen Plätzen gefahren und dort verteilt. Das ist oft die einzige Mahlzeit für diese Menschen. An Weihnachten letzten Jahres konnten die Schwestern zusätzlich, dank eines großzügigen Spenders, Kleidung verteilen.

 

Zusammenfassend können wir bei unserem Besuch feststellen, welche effektive und die Menschen schätzende Arbeit geleistet wird. 60 Selbsthilfegruppen mit 720 Personen werden betreut. 200 Menschen erhalten täglich eine warme Mahlzeit. Es ist fast nicht vorstellbar, dass 3 Schwestern so viele Menschen erreichen, dass sie in selbstlosem Einsatz Frauen und Männer, egal welcher Religion, unterstützen, ihnen verlorene Würde zurückgeben, ihnen eine viel bessere Zukunftsperspektive ermöglichen. Es ist fast nicht vorstellbar, dass gespendete Gelder effektiver und sinnvoller eingesetzt werden. Es ist wichtig, dass diese Schwestern eine gute medizinische Vorsorge und eventuelle notwendige Behandlung genießen, damit sie ihre wertvolle Arbeit weiterhin leisten können."

Patricia Duncan-Hauff und Dr. Hans-Martin Hauff