Wie alles begann
"Wir müssen dringend etwas tun für die Kinder hier. Sie müssen eine Schule besuchen und ohne das Stigma ihrer Familie aufwachsen", so Sr. Anna Huberta Roggendorf, Gründerin der "Helpers of Mary", 1966 an Vertreter von Misereor, beim Besuch einer Leprakolonie im Norden Mumbais.
Misereor finanzierte ein Stück Land im Vorgebirge der West Ghats, etwa 100 Meilen nordöstlich von Mumbai.
Auf diesem Stück Land wurde 1967 in einem ehemaligen Kuhstall das Mädchenheim´Naya Jivan`=´Neues Leben`gegründet, mit 7 Mädchen aus Leprafamilien, 7-10 Jahre alt, unter der Obhut der´Helpers of Mary`.
Gerda Geretschläger, als junge Lehrerin von 1966-69 im Auftrag Misereors in der Ausbildung des Ordensnachwuchses tätig, nahm an der Gründung von´Naya Jivan`teil.
1992 besuchte Gerda Geretschläger das Mädchendorf wieder. Inzwischen lebten hier 360 Mädchen im Alter von 4-20 Jahren.
Der Kahlschlag des umliegenden Gebirges, Erosionsschäden und zahlreiche Tiefbrunnen hatten den Grundwasserspiegel rund um das Mädchendorf drastisch absinken lassen.
Katastrophale Wassernot in ´Naya Jivan`
Die drei Brunnen des Mädchendorfs waren versiegt und verfallen, die Felder versteppt, der landwirtschaftliche Anbau eingestellt. Die Wäsche wurde am entlegenen Fluss gewaschen. Der schwoll zu Regenzeiten gefährlich an. Das Trinkwasser, vom Tanklaster angekarrt und in Plastiktanks bevorratet, war erst nach mehrmaligem Filtern genießbar.
Die Ernährung war einseitig, die Mädchen waren häufig krank und wenig erfolgreich in der Schule.
Zuhause berichtete Gerda Geretschläger ihren Schülern, dem Kollegium und der Elternschaft der Johann-Peter-Hebel Grundschule Gundelfingen von der katastrophalen Wassernot im Kinderdorf und dem schlechten Gesundheitszustand der Mädchen.
Wenn Kinder Brücken bauen
"Lasst uns Geld sammeln für einen Brunnen im Kinderdorf", schlug ein Mädchen vor. Schulkameradinnen und Kameraden fanden die Idee gut, die Lehrer, die Eltern und der Bürgermeister auch.
Beim Schulfest 1995 der Johann-Peter-Hebel Grundschule engagierte sich die gesamte Schulgemeinde für die Finanzierung von sauberem Trinkwasser im Kinderdorf´Naya Jivan`.
Die "Initiative Wasser ist Leben" war geboren
Die Gemeinde Gundelfingen übernahm die Trägerschaft für die Schulfest-Initiative, die Raiffeisenbank Gundelfingen richtete ein kostenloses Konto ein, Medien berichteten über den Plan der Kinder. 10.000 DM kamen beim Schulfest zusammen. Genug um einen Brunnen zu bauen.
Ein Brunnen konnte aber nicht gebaut werden: Der Grundwasserspiegel lag zu tief.
Dafür kam es viel besser!
Die Idee passte genau in das Geschehen rund um das Kinderdorf: Zur selben Zeit wurde jene Region Maharashtras aus Mitteln der Weltbank mit einem Stausee und mit Trinkwasserleitungen versorgt. Leitungen wurden auch bis an die Grundstücksgrenze von´Naya Jivan`verlegt, für Wasserleitungen auf dem Grundstück sorgte der Gundelfinger Schulfesterlös.
Nach dem Schulfest engagierten sich die Gundelfinger Kinder weiterhin für sauberes Trinkwasser. "Sauberes Trinkwasser für das indische Mädchendorf´Naya Jivan`", schrieben sie auf Plakate, verkauften selbstgemalte Weihnachtskarten, spielten Flöte auf dem Wochenmarkt, bemalten Ostereier und führten Kunststücke vor bei Klassenfesten. Viele kleine Gaben kamen zusammen.
Schließlich bekamen die Gundelfinger Kinder große Hilfe von Leserinnen und Leser überregionaler Zeitungen. Die hatten über eine deutsche Journalistin von der Wassernot im Mädchendorf erfahren. Gemeinsam mit der Gundelfinger Grundschule sorgten sie nach und nach für frisches Trinkwasser, für Regenwasserspeicherung und den Aufbau einer eigenen Farm mit Gemüse- Obstanbau und Viehhaltung.
"Jedem Kind ein Bäumchen", malten Kinder beim Schulfest 1999 auf ihre Plakate. Zahlreiche Bananenstauden und Mango-Bäumchen wurden gepflanzt und mit Tröpfchen-Bewässerung am Leben gehalten.
Die Freundschaft zwischen der Gundelfinger Grundschule und dem indischen Mädchendorf ´Naya Jivan`hatte Wurzeln geschlagen.
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Wasser ist Leben steht unter einem guten Stern", titelte 1999 die Badische Zeitung.
Seit 1997 gibt es fast täglich frisches Wasser aus der Leitung
"Wir gehen Hand in Hand", Motto des Schulfestes 2003. Beim Besuch der Ordensleitung in Gundelfingen wurde die Freundschaft offiziell mit einer Urkunde besiegelt.
2004 zeichnete das Land Baden-Württemberg die Johann-Peter-Hebel Grundschule Gundelfingen aus für hervorragende Leistungen auf dem Gebiet "Umwelt und nachhaltige Entwicklung".
Gerda Geretschläger - Ehrung durch Ministerpräsident Erwin Teufel, 2004
2005 wurde die Pflege der Partnerschaft ins Schulcurriculum der Grundschule aufgenommen. "Die Kinder sollen früh mit anderen Lebensweisen und Kulturen vertraut gemacht werden", so die Schulleitung. Seitdem sorgt die Johann-Peter-Hebel Grundschule für zwei Patenmädchen aus dem Kinderdorf´Naya Jivan`.
Klasse 2a der Johann-Peter-Hebel Schule, 2005
Von 1995 - 2007 stand die Initiative "Wasser ist Leben" unter den Fittichen der Gemeinde Gundelfingen.
2008 Gründung des Vereins
"Indienhilfe Wasser ist Leben e.V."
2009 Gründung der "E.C.H.O.-Stiftung", Treuhandstiftung des Vereins Indienhilfe Wasser ist Leben e.V.
Die einst kleine Schulfest-Initiative hat weite Kreise gezogen und sich zu einem bundesweit anerkannten Hilfswerk der Entwicklungszusammenarbeit entwickelt
Im Mädchendorf ´Naya Jivan` leben derzeit 200 Mädchen.
6.000 Mädchen sind in den 50 zurückliegenden Jahren hier aufgewachsen.
Seitdem im neuen Bildungsplan "Bildung für nachhaltige Entwicklung" fest verankert ist, sind weitere Schulen (Erasmus-Gymnasium Denzlingen, Anne-Frank-Gemeinschaftsschule Stuttgart, Esther-Weber-Schule Emmendingen) mit eingestiegen. Sie unterhalten Patenschaften und sorgen für Hausaufgabenbetreuung und Nachhilfe.
Seit 2015 fördert die "Indienhilfe Wasser ist Leben e.V." Projekte der "Helpers of Mary" in den Bundesstaaten Maharashtra, West-Bengalen, Madhya Pradesh, Jharkand und Uttar Pradesh.
Die Förderschwerpunkte liegen in den Bereichen Gesundheitsfürsorge, Bildung und Klimaschutz.
Im Fokus stehen Mädchen und Frauen.
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